Patent des Monats April
Nachhaltige Phosphatgewinnung mit Hefezellen
„IP und Jugend – Innovationen für eine bessere Zukunft“ lautet das diesjährige Motto zum Welttag des Geistigen Eigentums WIP-Day, der im April von der Weltorganisation für Geistiges Eigentum, WIPO, ausgerufen wird. Diesem Motto entspricht eine Erfindung von Dr. Jonas Christ, ehemaliger Doktorand am Institut für angewandte Mikrobiologie iAMB der RWTH Aachen, in besonderer Weise. Für seine geniale Erfindung, Phosphat mittels Hefezellen aus Waschabwässern zu gewinnen, wurde er 2021 mit dem renommierten Innovationspreis NRW in der Kategorie Nachwuchs ausgezeichnet. 2018 wurde die Patentschrift DE102018130081A1 von der RWTH Aachen unter dem Titel „Polyphosphatreiche Hefeextrakte und Herstellverfahren dazu“ in Deutschland eingereicht – unser Patent des Monats April!
Im Rahmen seiner Promotion am Lehrstuhl von Professor Lars Blank, der auch als Miterfinder genannt wird, hat Jonas Christ ein mikrobiologisches Recyclingverfahren für Phosphat entwickelt. Dabei werden Zellen der im Haushalt verwendeten Bäckerhefe zunächst auf einem phosphatfreien Medium angezogen und so für den Mineralstoff „ausgehungert. Werden die Hefezellen anschließend in Waschabwässer der chemischen Industrie gegeben, die hohe Mengen an Abfall-Phosphat enthalten, reichern sie das Phosphat intern effektiv an und wandeln es in Polyphosphat um. Aus den so angereicherten Hefezellen lässt sich reines Polyphosphat in guter Ausbeute extrahieren. Es ist aufgrund veränderter chemischer Eigenschaften wertvoller, als einfaches Phosphat und eignet sich für viele Anwendungen in der Lebensmittelindustrie, beispielsweise zur Herstellung von Schmelzkäse. Zum anderen konnte Christ aus den Zellen ein ganz neues Produkt herstellen. Dabei handelt es sich um einen phosphatreichen Hefeextrakt, der z.B. bei der Herstellung von Fleischwurst und Döner eingesetzt werden kann und damit besonders interessant für die Lebensmittelindustrie ist.
Wie macht Jonas Christ’s Erfindung nun die Welt besser?
Der Mineralstoff Phosphat wird aus fossilen Erzreserven in Marokko, aber auch in den USA, China und Indien abgebaut, die allerdings auf absehbare Zeit erschöpft sein werden. Er kommt in der Düngemittelindustrie zum Einsatz und ist in vielen Bereichen der Lebensmittelproduktion essentiell. Aus überdüngten Böden ausgeschwemmtes Phosphat gelangt in unsere Gewässer und stellt dort ein ökologisches Problem dar, bevor sich in Flüssen und Meeren in einem Zeitraum von Jahrmillionen neue fossile Phosphaterzreserven bilden. Mit dem innovativen Verfahren gibt es nun erstmals eine natürliche, mikrobiologische Alternative für das bislang ausschließlich chemisch produzierte Polyphosphat. Darüber hinaus schont das Recycling des wertvollen Minerals die weltweiten Ressourcen und trägt zum Umweltschutz bei, weil es dazu beiträgt, die Phosphatbelastung der Gewässer zu reduzieren!
Das von Christ patentierte Verfahren birgt aber noch weitere Vorteile. Mit seiner analytischen Polyphosphat-Extraktion kann bis zu 40 Prozent mehr Substanz aus der Hefe gewonnen werden, als mit herkömmlichen Methoden und sie ist zudem viel schneller. Außerdem reicht für die von ihm entwickelte Analytik eine Standardlabor-Ausstattung, vorher waren extrem teure Spezialgeräte notwendig. Das Messverfahren wird nun sogar über eine niederländische Firma unter dem Markennamen „Phosfinity“ vermarktet. Wir gratulieren nachträglich zu diesem tollen Erfindergeist!
P.S. Am 25. April präsentieren wir weitere innovative junge Firmen aus der Region mit Weltverbesserungspotential bei einer Online-Veranstaltung zum WIP-Day 2022. Weitere Informationen und die Anmeldung zur kostenfreien Veranstaltung finden Sie hier.
Das Patent- und Normenzentrum wünscht allen jungen Erfinder*innen weiterhin viel Erfolg!
„Von der Idee zum Produkt“ – Wir bieten praxisnahe Dienstleistungen für Forscher*innen, Unternehmer*innen, Handwerker*innen, Gründer*innen sowie freie Erfinder*innen zum Schutz Ihrer Ideen. Alle unsere Dienste stellen wir Ihnen auch virtuell zur Verfügung!
Quellen:
Preisträger der Kategorie Nachwuchs - Dr. Jonas Christ
RWTH Aktuell Pressemitteilung Juni 2021