Patent des Monats November
Unentbehrlicher Bürokollege mit ungewisser Zukunft - der Papierlocher
Bei Rückkehr aus dem Homeoffice ins Büro fällt der Blick auf einen alten Bekannten, den Papierlocher, der auf keinem Schreibtisch fehlen darf. Seit seiner Erfindung vor 135 Jahren hat er sich für Ordnungsarbeiten und Ablage im Büro- und Studienalltag unentbehrlich gemacht. Im papierlosen Büro der Zukunft ist sein Stern wohl im Sinken begriffen.
Daher feiern wir das Jubiläum des steten Bürogehilfen und küren das am 14. November 1886 beim Kaiserlichen Patentamt unter dem Titel „Papierlocher für Sammelmappen, Briefordner und dgl.“ angemeldete Patent DE 40065 zu unserem Patent des Monats November!
Die Erfindung des ersten mechanischen Papierlochers ist so simpel wie genial. Das Lochen eines oder mehrerer Papierbögen mit definiertem Abstand erfolgt laut Patentschrift mittels Schneidstiften, die in „Zusammenhang mit dem Druckbügel (b) gebracht und lose in die Führungsköpfe (c) und (c‘) gehängt“ werden. Nach vollendeter Perforation bringen Federn die Schneidstifte wieder in die Ausgangsposition. Diese Erfindung hat die Menschen im Alltag begleitet – seither arbeiten praktisch alle Papierlocher nach dem von Soennecken entwickelten Prinzip! Variationen treten hingegen bei Abstand und Anzahl der Löcher auf. Zur Vereinheitlichung – damit die gelochten Blätter auch in die Ordner passen – wurden Standards entwickelt. Die am weitesten verbreiteten Maße für Lochgröße und -abstand sind im internationalen Standard ISO 838 festgehalten. Die Löcher haben einen Durchmesser von 6±0,5 mm. Die Lochmitten liegen 80±0,5 mm auseinander und haben einen Abstand von 12±1 mm zur Papierkante, wobei die Mitte der Lochung in der Mitte der Papierkante liegt.
Friedrich Soennecken wurde 1848 im heutigen Iserlohn im Sauerland geboren. 1875 gründete er ein Handelsunternehmen in Remscheid. Zunächst entwarf er eine neuartige Füllfederhalter-Schreibfeder und entwickelte passend dazu die leicht erlernbare Rundschrift, Vorbild unserer heutigen Schreibschrift. Mit einem Paket aus Schreibutensil und mehrsprachigen Lehr- und Übungsheften für Schreibanfänger erzielte seine Firma weltweiten Markterfolg. Die rasante Wirtschaftsentwicklung der Industrialisierung verlangte effizienter gestaltete Verwaltungs- und Organisationsstrukturen in den Büros der neuen Firmenimperien. Soennecken erkannte den Bedarf und entwickelte entsprechende Produkte. Der Papierlocher wurde dabei als Komplementärprodukt zum Aktenordner entwickelt, auch eine Erfindung des rührigen Tüftlers und Geschäftsmanns.
Friedrich Soenneckens Werdegang ist eine Erfolgsstory der Gründerzeit und Beispiel für den innovativen Geist der 1870er Jahre: er identifizierte Verbesserungswürdiges, entwickelte innovative Lösungen und eroberte mit konkreten Produkten den internationalen Markt. Im Firmenportfolio von 1890 wurden 150 bestellbare Artikel aufgelistet. Allein 1913 versandte Soennecken über Exportfilialen in Berlin, Leipzig, Amsterdam, Antwerpen und Paris 72.000 Pakete bis nach Australien und Indien. Vom Handwerkersohn zum erfolgreichen Inhaber einer Weltfirma wurde er 1910 für seine Erfindungen auf der Weltausstellung in Brüssel ausgezeichnet.
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Quellen:
Firmengeschichte
https://www.soennecken.de/soennecken/genossenschaft/geschichte/
DPMA Postergalerie
https://www.dpma.de/docs/postergalerieneu/patentschriften/007papierlocher-friedrichsoennecken.pdf
Wikipedia