Patent des Monats März
Präparation von Radiothorium - Lise Meitners einziges Patent
Zum internationalen Frauentag am 8. März feiern wir die österreichische Wissenschaftspionierin Lise Meitner.
Die herausragende Kernphysikerin war Deutschlands erste Professorin für Physik und maßgeblich an der Entdeckung der Kernspaltung beteiligt. Während Otto Hahn, mit dem sie eine langjährige wissenschaftliche Zusammenarbeit verband, den Chemienobelpreis erhielt, erfuhr Lise Meitners wissenschaftliche Leistung bis heute keine adäquate Anerkennung. Als Vollblutwissenschaftlerin meldete sie nur eins ihrer Forschungsergebnisse 1913 in den USA zum Patent an. Die Schrift US1076141A mit dem Titel „Preparation of Radiothorium“ ist daher unser Patent des Monats März!
Die Offenlegungsschrift beschreibt kurz und bündig die Präparation von Radiothorium, dem Thorium-Isotop 228 (228Th). Das Isotop kann gewonnen werden, indem es durch Elektrolyse an der Kathode ausgefällt wird. Fragestellungen rund um die Radioaktivität hatten es Lise Meitner von Anfang an angetan, als die gebürtige Wienerin 1901 ihr Studium an der Universität in Wien aufnahm.1906 schloss sie mit einer Promotion auf dem Gebiet der theoretischen Physik ab und ging ein Jahr später zur weiteren wissenschaftlichen Ausbildung nach Berlin, vor allem um Vorlesungen von Max Planck zu hören.
Bis zu ihrer Emigration 1938 forschte die gebürtige Jüdin in Berlin, zunächst zusammen mit Otto Hahn als „unbezahlter Gast“ inoffiziell in Plancks Labor. Nach Einführung des Frauenstudiums in Preußen 1909 brauchte sie dann zwar nicht mehr durch den Hintereingang ins Institut zu schlüpfen, arbeitete aber immer noch unbezahlt. Erst 1918 erhielt Lise Meitner als Leiterin der radiophysikalischen Abteilung des neu gegründeten Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie ein angemessenes Gehalt. Zusammen mit Hahn entdeckte sie diverse radioaktive Nuklide und erwarb sich internationale Anerkennung.Im schwedischen Exil führte sie die mittlerweile 30 Jahre andauernde Zusammenarbeit mit Otto Hahn und seinem Assistenten Fritz Straßmann als wissenschaftliche Korrespondenz fort.
1939 gelang ihr zusammen mit ihrem Neffen, dem Kernphysiker Otto Frisch, die erste physikalisch-theoretische Erklärung inklusive konkreter Berechnungen zu einem Experiment von Hahn und Straßmann. Die beiden Chemiker hatten bei einem Versuch ein „Zerplatzen“ des Uran-Atomkerns infolge Bestrahlung mit Neutronen ausgelöst und mit radiochemischen Methoden nachgewiesen, konnten ihre Beobachtungen nur im Ansatz interpretieren. Meitner und Frisch lieferten dazu die richtige Erklärung und prägten auch den Begriff „nuclear fission“ (Kernspaltung), der sich alsbald international etablierte.
Die Entdeckung der Kernspaltung wurde zu einem der folgenreichsten Ereignisse in der Geschichte der Naturwissenschaften, da sie eine neue Energiequelle von bisher unbekannter Größenordnung erschloss. Forschungen zur Kernenergie sowohl für friedliche als auch für militärische Zwecke mobilisierten Wissenschaftler weltweit. Die überzeugte Pazifistin Lise Meitner verurteilte dabei die Entwicklung der Atombombe und propagierte zeitlebens die friedliche Nutzung der Kernenergie.
Für seine Entdeckung wurde Otto Hahn 1945 der Nobelpreis verliehen, Meitner und Frisch gingen leer aus, obwohl der entscheidende kernphysikalische Denkansatz von ihnen stammt. Insgesamt 48-mal wurde Lise Meitner für den Nobelpreis (in Physik und Chemie) nominiert, erhalten hat sie ihn nie! Ob sie von Hahn und weiteren Kollegen, die ihren Anteil selten betonten, bewusst ausgebootet wurde, ist Gegenstand einer kontroversen Diskussion, die 1996 von der Chemikerin und Feministin Ruth Lewin Sime entfacht wurde.
Die renommierte Forscherin erhielt dennoch vielfache Ehrungen für ihr Lebenswerk und rückte in den letzten Jahren wieder ins öffentliche Bewusstsein: Straßen und Schulen wurden ebenso nach ihr benannt wie Preise, Elemente und Ateroiden.
Das Patent- und Normenzentrum wünscht allen Erfinderinnen und Wissenschaftlerinnen weiterhin viel Erfolg!
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Quellen:
https://www.dpma.de/dpma/veroeffentlichungen/patentefrauen/lisemeitner/index.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Lise_Meitner
Biographie: Ruth Lewin Sime: Lise Meitner. Ein Leben für die Physik
Insel Verlag, Frankfurt am Main 2001
ISBN 9783458170662
https://www.spektrum.de/magazin/lise-meitner-und-die-kernspaltung/824545
Bildquelle: www.dpma.de