Patent des Monats Juli

04.07.2022
  HBOX Urheberrecht: © https://hbox-therapies.com

Mobile Therapie bei CO-Vergiftungen

In diesem Monat würdigen wir eine Entwicklung der Firma HBOX Therapies GmbH. Das mehrfach ausgezeichnete Spin-Off der RWTH konnte sich zuletzt beim AC2-Gründungswettberb 2022 unter eindrucksvollen Finalisten durchsetzen und den ersten Platz gewinnen.

Die drei Gründer, Peter Schlanstein, Niklas Steuer und Matthias Menne, alle Absolventen und ehemalige Mitarbeiter der RWTH, haben eine Technologie entwickelt, mit der der Sauerstoffgehalt im Blut außerhalb des Körpers stark erhöht werden kann. Damit ist zum Beispiel auch eine Behandlung von Personen mit Kohlenmonoxid-Vergiftung möglich. Das zugrundeliegende Patent wurde im April dieses Jahres in den USA erteilt. Die Patentschrift US11291754B2 mit dem Titel „System zu extrakorporalen Elimination von Kohlenmonoxid“ ist daher unser Patent des Monats Juli!

Kohlenmonoxid, chemisch als CO ausgedrückt, ist eine hochgiftige Substanz und Hauptverursacher tödlicher Vergiftungen. In Europa und den USA sind jährlich mehr als 200.000 Personen davon betroffen. Das geruch-, geschmack- und farblose Gas besteht aus einem Atom Kohlenstoff und einem Atom Sauerstoff und hat damit große Ähnlichkeiten mit reinem Sauerstoff, der in der Luft als O2-Molekül mit zwei Sauerstoffatomen vorliegt. Da Kohlenmonoxid 250mal besser als Sauerstoff an Hämoglobin bindet, verdrängt es das lebenswichtige Gas im Blut, auch wenn es nur in geringen Mengen eingeatmet wird. In der Folge kann Hämoglobin nicht mehr ausreichend Sauerstoff transportieren, was mit einer Sauerstoff-Unterversorgung der Organe einhergeht – Betroffene ersticken innerlich. CO-Vergiftungen werden therapiert, indem die Konzentration des gelösten Sauerstoffs im Blut erhöht wird. Dadurch wird das CO schneller eliminiert. Bei leichten CO-Vergiftungen reicht eine Beatmung mit reinem Sauerstoff. Schwere Fälle sollten aber mit einer Sauerstofftherapie in einer Druckkammer (Beatmung mit 100% Sauerstoff unter Druck) behandelt werden, da so das Risiko für Langzeitfolgen an den unterversorgten Organen sinkt. Diese Druckkammern sind allerdings teuer und es gibt in Deutschland nur wenige, sodass es im Vergiftungsfall zu kritischen Transport- und Wartezeiten kommt.

Und genau hier setzt HBOX mit der Entwicklung einer kleinen, minimalinvasiven Druckkammer an, mit der nur das Blut und nicht der gesamte Körper behandelt wird. Das extrakorporale Verfahren funktioniert dabei ähnlich wie eine Dialyse: Das Blut wird aus dem Körper geleitet, unter Druck mit Sauerstoff angereichert und dadurch wird das Kohlenmonoxid verdrängt. Das derart gereinigte Blut wird anschließend wieder in den Körper zurückgeführt. Die kleinen Druckkammern sind kosteneffizient, können schnell und mobil flächendeckend dort zum Einsatz kommen, wo sie benötigt werden, und so vielen Patient*innen helfen und potentiell Spätfolgen reduzieren.

Die Methode ist so einfach wie genial, dass man sich schon ein wenig wundert, warum bislang noch niemand auf diese Idee gekommen ist. Den Geistesblitz hatte Dr. Peter Schlanstein bei einem Gespräch mit einem Notfallmediziner. Der studierte Maschinenbauer arbeitete zu der Zeit bereits seit 6 Jahren am CVE (Lehr- und Forschungsgebiet kardiovaskuläre Technik) der RWTH als wissenschaftlicher Mitarbeiter und forschte an extrakorporalen Gasaustauschern. Im Institut stieß er auch auf seine Mitstreiter Niklas Steuer, der nach seinem Master in Maschinenbau (Vertiefung Medizintechnik) an der RWTH ebenfalls am CVE promoviert, sowie Dr. Matthias Menne, der neben seinem Master in Maschinenbau (Vertiefung Medizintechnik) zusätzlich einen Master in Wirtschaftswissenschaften an der RWTH erlangte und anschließend am CVE in theoretischer Medizin promovierte. Zusammen brachten sie ihr Projekt voran und gründeten im Oktober 2021 in Aachen die Firma HBOX Therapies GmbH.

Die HBOX-Technologie wird momentan auch zur Unterstützung der Lungenfunktion bei respiratorischen Erkrankungen weiterentwickelt und auch ein Einsatz zur Minderung der Schäden bei Herzinfarkten oder zur Unterstützung der Krebstherapie wird evaluiert. Durch ihre simplen und daher kostengünstigen Eigenschaften bei gleichzeitig hoher klinischer Relevanz schlägt die innovative Technologie derzeit alle anderen Marktteilnehmer. Deren technische Lösungen sind derzeit entweder simpel, aber klinisch irrelevant oder aber relevant, dafür komplex und teuer oder sie besitzen noch keine ausreichende Marktreife. Die HBOX vereint all das und so kann das frisch ausgezeichnete Team durchstarten. Dazu wurde zusammen mit der Uniklinik RWTH Aachen (UKA) ein KMU-innovativ-Projekt beantragt.

Das Patent- und Normenzentrum wünscht den Gewinnern weiterhin viel Erfolg und gute Ideen für die Zukunft!

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Quellen:

RWTH Aachen AME

Science4Life TechSLAM2022

BioRiver Boost! 2021

Youtube

RWTH Innovation Award in 2020

Patentschrift US11291754B2