Patent des Monats September

  Selbstheilender Beton

Selbstheilungskräfte findet man überall in der Natur. Hendrik Jonkers, Mikrobiologe an der Technischen Universität Delft ließ sich davon inspirieren und entwickelte einen mit Hilfe von Bakterien selbstheilenden Beton. Diese futuristisch anmutende Idee birgt ein riesiges Potential für nachhaltiges Bauen bei starker CO2 – und Kostenreduzierung. Daher ist die Erfindung, die 2015 für den Europäischen Erfinderpreis nominiert wurde, unser Patent des Monats September: EP 2 247 551 B1!

Das Problem

Beton, der am häufigsten verwendete Baustoff der Welt – schätzungsweise 70 % der Infrastruktur in Europa ist aus Beton gebaut- zeigt bei mechanischer Belastung starke Abnutzungserscheinungen und wird brüchig. Durch sogenannte Spannungsrisse dringt Wasser ein und schädigt die Bausubstanz sowie den darin enthaltenen Stahl – Gebäude und Brücken drohen einzustürzen. Die jährlichen Instandhaltungskosten sind immens. Das führt zu großen Problemen. In NRW sind beispielsweise derzeit 30 Autobahnbrücken für LKWs gesperrt, über 70 Brücken müssen komplett erneuert werden.

Die Lösung

Bei Untersuchungen an natürlich im Gebirge vorkommenden Bakterienarten entdeckte Jonkers Spezies mit Eigenschaften, die die Mikroorganismen zu idealen Reparateuren von Betonrissen machen: Sie können Kalziumlaktat zu Kalk(stein) umbauen (dem zentralen Bestandteil von Beton), sie bilden Sporen und können in diesem Ruhezustand bis zu 200 Jahre überdauern und sie werden erst dann aktiv, wenn sie mit Wasser in Berührung kommen.

Und so funktioniert der „Bio-Beton“:

Beim Herstellen des nachhaltigen Betons wird der Zementanteil der Ausgangsmischung mit den oben genannten Bakterien ergänzt. Damit die „Reparaturbrigade“ nicht schon bei Wasserkontakt während des Zementmischens beginnt, werden die Organismen zusammen mit Kalziumlaktat in beschichteten Partikeln zugegeben.

Tritt durch Spannungsrisse Wasser in den Beton ein, werden sie aktiviert und produzieren den kittenden Kalk. Mittels dieser Technologie können Risse von beliebiger Länge gekittet werden, solange sie nicht breiter als 0,8 Millimeter sind.

Allerdings ist der „Bio-Beton“ in der Herstellung deutlich teurer als herkömmlicher Beton. Kosten, die durch langfristige Einsparungen wie sinkende Instandhaltungskosten rechtfertigt werden. Ein weiterer Pluspunkt ist seine Klimafreundlichkeit. Die Zementproduktion verursacht bis zu zehn Prozent der globalen Kohlendioxid-Emissionen. Ein stabilerer Baustoff reduziert auf lange Sicht also auch die globale CO2-Emission.

Über eine Firmenausgründung der TU Delft wird der Zement in drei Produktlinien erfolgreich vermarktet - zum Verbauen in neuen Konstruktionen, als Reparaturmörtel für akute Schäden und in Form eines Reparatursprays für kleine Risse.

Und die Ideen gehen dem niederländischen Wissenschaftler nicht aus. Derzeit entwickelt Jonkers zusammen mit seiner Arbeitsgruppe einen zweiten Alternativ-Beton. Mit Nährstoffen angereichert soll er das Bewachsen von Moosen, Flechten und Pflanzen fördern. Dieser Beton könnte einmal nicht nur den Feinstaub entlang von Straßen aus der Luft filtern, sondern auch triste Stadtlandschaften in grüne Oasen verwandeln.

Wir freuen uns darauf!

„Von der Idee bis zum Produkt“ – Praxisnahe Dienstleistungen für Wissenschaftler, Unternehmer, Handwerker, Gründer und freie Erfinder bietet Ihnen Ihr Patent- und Normenzentrum Aachen!

Quellen:
Finalist des europäischen Erfinderpreises 2015
Hendrik Marius Jonkers - Self-healing concrete containing bacteria
Handelsblatt: Mit Bakterien zum fast perfekten Beton
Selbstheilender Biobeton - Das Baumaterial der Zukunft